Ort: Melbourne, Grampians, Great Ocean Road (AUS)
Zeitunterschied: +8 Std. MEZ
Wetter: Eine Frechhheit!
Melbourne ist cool. Melbourne ist sogar ziemlich cool. Die bisher spannendste Stadt auf dem fünften Kontinent. Man sagt ja, man mag entweder Sydney oder Melbourne. Wir mögen Melbourne. Denn Melbourne ist seit langer Zeit mal wieder eine Stadt, die mondänes Flair verströmt, Weltstadt ist. Vier Millionen leben mittlerweile hier, vergleichbar also mit Berlin. Doch wer denkt Berlin ist riesig, dem sei gesagt Melbourne ist flächenmäßig etwa 8x größer. Die Stadt ist prall mit Kunst und Kultur, Kneipen und Bars, Sport und Parks. Und nur mal zum Vergleich: Sydney hat 23 Konzert-Locations, Melbourne hat 68. Es gibt also viel zu tun und wir haben in sieben Tagen einiges gesehen.
Den botanischen Garten, in dem man sich gut mal verlaufen kann, die Innenstadt um den Federation Square mit der nationalen Kunstgalerie, den Queen Victoria Markt, ein nachgebautes Flüchlingscamp von „Ärzte ohne Grenzen“ im Treasury Park, einen sonnigen Sonntag an der Strandpromenade von St Kilda, die Schicki-Micki-Läden auf der Chapel St oder das hippe Viertel Fitzroy. Melbourne ist nämlich auch die Modehauptstadt Australiens. Es gibt verdammt viele trendy Melburnians und das ist auch kein Wunder bei der Fülle an Fashion-Outlets, die es an jeder Ecke zu geben scheint. Trotzdem scheint bei der Jugend gerade mal wieder Retro angesagt zu sein. Aktuell: die 80er. Man trägt schwarz, grau und weiß, Leggings und Vacuum-Jeans dürfen nicht fehlen, die Frisur sitzt. In Melbourne ist man eben cool.
Und Melbourne ist auch das Babylon Australiens. Die Zahl der Einwanderer ist so groß, dass der Immigration sogar ein Museum gewidmet ist. Es scheint vor allem Chinesen, Italiener und Griechen zu geben. Man kann durch Chinatown wandern, in Little Italy Pizza essen und im griechischen Bezirk Souvlaki vom Holzkohle-Grill kredenzen gehen.
Melbourne war also eine Stadt, in der wir durchaus länger geblieben wären, wenn nicht wieder eine neue Mission mit einem Spaceship auf dem Programm gestanden hätte. Wir hatten fünf Tage Zeit, um die Grampians und die Great Ocean Road zu erkunden.
Von der bereits mehrfach erwähnten Stadt ging es zuerst durch die viktorianische Perle Ballarat, vorbei an blühenden Raps-Feldern und grünen, saftigen Wiesen direkt nach Halls Gap, dem Touri-Zentrum in den Grampians, einem Sandsteingebirge in einem Nationalpark. Und weil wir ja natürlich etwas vom wertvollen Westgeld sparen wollten, ging es wieder auf die Suche nach einem nicht ganz offiziellen Stellplatz für die Nacht. Meist gibt es ja an den Picknick-Spots Gasgrills und Toiletten für lau, man wird also nicht gerade abgehalten, dort zu campen. So waren wir dann ganz allein in Zumsteins. Naja, ganz allein wäre übertrieben, wenn man zwei Meter große Graue Känguruhs vor sich stehen hat, die sich in der Abenddämmerung den Bauch mit Gras voll schlugen. Die Zeit vom Abend bis zum Morgengrauen ist auch die unentspannteste zum Auto fahren, da immer wieder irgendwelche Beuteltiere am Sraßenrand rumstehen und unangemeldet vor den Kühler springen, was dann eine Riesensauerei hinterlassen würde.
Und die Grampians waren schon sehr fein. Bizarre Felsformationen, weite Täler mit dichtem Baumbewuchs, obwohl das große Feuer von 2006 seine Spuren hinterlassen hat, und eine umfangreiche Fauna. Im Gebiet um das Brambuk Cultural Centre, wo wir uns in die abermals traurige Aborigine-Historie einführen lassen konnten, gab es Unmassen an freilebenden Känguruhs, Emus, Wallabies, Kookaburras oder auch Kakadus. Immer schön vor vorbildlicher Naturkulisse mit den gerade blühenden Wildblumen, es ist nämlich Frühling. Und Frühling ist auch die Zeit des Nachwuchses. Bei Mutter Känguruh schaut ein kleiner Racker aus dem Beutel, Vater Emu hat zwei Küken an der Seite und kommt man einem Elsternnest zu nahe, sollte man besser flüchten. Diese verdammte Psychoelster hat einen schweren Angriffskrieg geflogen und hat uns mehrere 100 Meter verfolgt. Das erinnerte doch stark an Hitchcocks Vögel.
Und noch eine schöne Episode aus Brehms Tierleben. Wir haben ein Känguruh pissen gesehen. Und nein, dieses hat nicht Pipi gemacht, oder klein, das hier hat gepisst. Zwei Meter Känguruh in aufrechter Position mit einem Strahl, der einen erwachsenen Mann hätte töten können und das unkontrolliert in alle Richtungen. Die Menge hätte ausgereicht, um einen flächendeckenden Buschbrand zu löschen. Wir waren schwer beeindruckt. Doch nicht genug der Attraktionen. Im Hintergrund führten zwei graue Riesen einen zünftigen Boxkampf auf, der an eine Kirmesprügelei erinnerte. Die zwei Opponenten standen im Infight auf ihren Schwänzen und traten mit den Hinterkeulen, dass die Schwarte nur so krachte. Da wurde was für’s Auge geboten. Und weil es so schön war, sind wir gleich in dem Wildpark namens Tower Hill kurz vor Warnambool über Nacht geblieben. Unser Spaceship, in finsterster Nacht, umzingelt von Kaninchen, Roos (liebevoll für Känguruh, Anm. d. Red.), Wallabies, Koalas und Emus. Der letzte Stop, bevor es auf die Great Ocean Road gehen sollte.
Great Ocean Road heißt dann zwischen Peterborough und Torquay hauptsächlich an der Küste Victorias entlang, Felsformationen und Szenerie bestaunen. Am bekanntesten sind ja die „12 Apostel“, acht steil aufragende Felsen direkt vor der Küstenlinie. Angeblich sieht man drei Apostel nicht und einer ist vor ein paar Jahren eingestürzt, aber wenn man uns fragt, ist das mal wieder ein typisches Beispiel für touristische Vermarktung. In Australien wird ja jede Parkbank als „Must-Do“ Attraktion umjubelt und daher wundert es auch nicht, dass man bei den angeblich 12 Apostel, gleich mal drei Augen zugedrückt hat. Es gibt halt nichts cooles mit der Zahl 9. Die Gloreichen waren sieben, die Musketiere zu dritt und auch die Fantastischen Vier waren nicht zu neunt. Ach ja, und eine der „Drei Schwestern“ ist kürzlich erst zusammengefallen, jetzt sind es nur noch zwei. Eine traurige Familiengeschichte.
Nun ja, wir also alle paar Meter angehalten, um Felsformationen, wie „The London Bridge“ oder auch „The Arch“ zu bestaunen. Jacke und Mütze lohnten sich nicht auszuziehen, so nah beieinander hatten die Australier die Felsen gebaut. Denn das Wetter war eine Frechheit. Nix mit Sonne und so. Regen, Wind und nachts 4 Grad. Da schaut man im Vorfeld auf Voxtours Reiseberichte, man sieht Palmen und Riffe aber keiner sagt einem wie schattig es hier werden kann. Da hätten wir auch im herbstlichen Deutschland bleiben können. Nee, nee, also das Wetter war echt ne Frechheit.
Überraschend und gelungen war dann aber dann das Zusammentreffen mit Anja und Pit, zwei ebenfalls Langzeitreisenden, die seit April unterwegs sind und wir hier und da in losem E-Mail-Kontakt standen. Wir wussten, dass wir in etwa zur selben Zeit die Great Ocean Road befahren würden, aber die ist ja nicht nur 2 Km lang. Umso größer also die Überraschung. „Mensch, das gibt’s ja nicht, die Welt ist klein oder ein Dorf“ usw. Zur Feier des Tages gab es auf dem Campingplatz Marengo in Apollo Bay reichlich VB (Victoria Bitter, lokale, trinkbare Biersorte, Anm. der Red.) und Plausch im Camp Kitchen. Danke nochmal für’s abfüllen.
Bevor es dann wieder zurück nach Melbourne ging, habe ich mich noch auf den Otway Fly Treetop Walk getraut. Ich bin ja eher so der Höhenschisser und daher möchte hier nochmal meine Wagemutigkeit und Kühnheit heraustellen. Man wandert auf einem 600m langen Weg in den Baumkronen, 25m über dem Boden. Naja, nicht gerade von Ast zu Ast, eher auf einer Stahlkonstruktion. Der Blick von oben auf Baumfarne und keine Ahnung was noch für Gewächs im gemäßigten Regenwald Australiens war dann aber doch beeindruckend. Mit etwas Pipi in den Augen, war der Matze dann aber wieder froh auf matschigem Waldboden angekommen zu sein.
In Kenneth River gab es dann noch reichlich Koalas zu begaffen. Viele Bäume hatten dort einen Plastikring um den Stamm als Schutz und wir dachten natürlich, dass die Katzen nicht auf die Bäume sollen, um die Grünen Papageien und Crimson Rosellas platt zu machen. Doch der Schutz war für die Bäume gedacht und sollte die gefräßigen Koalas davon abhalten, die Bäume kahl zu fressen. Was aber wenig gebracht hatte, denn die fetten Koala-Bären hingen in jedem zweiten Baum, was doch recht außergewöhnlich war, denn bisher hatten wir in den ganzen 8,5 Wochen erst vier zu Gesicht bekommen.
Und so vergingen die fünf Tage viel zu schnell. Doch zurück in der großen Stadt wurde gerade das Melbourne Festival eröffnet und die französische Performancegruppe Transe-Express hatte eine sensationelle Vorstellungen namens „Mischievous Bells“ in den Abendhimmel produziert. Am besten mal bei Youtube suchen.
Nun heißt es ab auf die australische Hauptinsel, denn die Tasmanier bezeichnen das große Eiland nur als die nördliche Insel Australiens. Symphatisch finden wir. Zwei Wochen Road-Trp stehen auf dem Programm. Spaceships gibt es keine in Tassie, daher werden wir uns nach einer bezahlbaren Alternative umschauen. Bis dahin und tschüß Nordinsel.
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