Biounsicherheit.

23 12 2009

Ort: Wellington, Marlborough Sound, Abel Tasman NP (NZ)
Zeitunterschied: +12 Std. MEZ
Wetter: Steife Brise, wechselhaft

Nach dem erfolgreichen Tongariro Crossing ging es auf geradem Weg in die Hauptstadt Wellington. Neuseeland ist ja bekannt für seine grünen Hügel, Regenwälder und Küstenlandschaften. Daher war das Stück Wüste vor der Kulisse des Ruapehue Vulkans mehr als überraschend. Allerdings war das keine richtige Wüste mit viel Sand, Kamelen und Oasen, sondern eher eine steppenartige Einöde. So lebensfreundlich, dass einzig das Militär die Gegend nutzt und mit Panzern lustige Manöver durchführt. Dazu kam ein so starker Westwind weiter im Süden, dass wir fast von der Straße geweht wurden.

Neuseeland ist ja aber auch bekannt für seine Bewohner. Es gibt mittlerweile null Moas (erfolgreich ausgerotteter großer Laufvogel, Anm. d. Red.), nur noch wenige 1000 Kiwis (Vogel, flugunfähig, nachtaktiv, mehr Säugetier als Vogel, Anm. d. Red.), 4,2 Mio andere Kiwis (gängige Bezeichnung für Neuseeländer hauptsächlich Nachfahren englischer Einwanderer und Maori, Anm. d. Red.), 8,8 Mio Rinder und 50 Mio Schafe. Es vergeht eigentlich kein Tag an dem man kein Schaf sieht. Man kann überall Wollprodukte kaufen, das Lammregal im Supermarkt ist gut gefüllt und durch’s ganze Land hallt ein Blöken.

Umso erstaunlicher ist, dass es noch eine Säugetierart gibt, die die Schafe zahlenmäßig übertrumpft. Es gibt nämlich 70 Mio Brushtail Opossums. Irgendwann im 19. Jahrhundert aus Australien eingeführt, vermehrten sich die Racker so schnell, dass sie heute die größte Plage darstellen. 20.000 Tonnen Vegetation pro Nacht fressen die nur nachtaktiven Biester, die aber auch ein riesige Bedrohung vor allem für einheimische Vogelarten sind, da sie die Nester leerräumen.

Neuseeland hat nämlich nur drei wirklich endemische Säugetierarten und das sind alles Fledermäuse (Pelzrobben, Seelöwen, Delphine und Wale mal ausgenommen). Der Rest, vom Igel über Opossum oder dem noch aggressiveren Räuber Hermelin bis hin zu Rotwild wurde alles vorsätzlich eingeführt. 80 Mio Jahre Isolation hatte Neuseeland zu einem Vogelparadies ohne natürliche Feinde gemacht, was sich mit der Einführung neuer Arten schnell änderte.

Wenn es heute einen guten Sommer gibt und die Bäume und Sträucher viele Nüsse und Samen produzieren, vermehren sich die Nagetiere. Die widerum werden von Hermelinen gefressen und ihre Population steigt bei schlaraffenlandartigem Nahrungsüberfluß. Alle sind scheinbar glücklich, die Nahrungskette scheint zu funktionieren. Kommt dann aber der Winter, gibt es weniger Nahrung für die sommergemästete Population der Nager und die Hermeline müssen sich nach alternativen Nahrungsquellen umschauen. Das ist der Moment, wo die Vögel ein Riesenproblem bekommen, da dann ihre Nester geräubert werden und auch die Vögel selber dem Räuber zum Opfer fallen.

Heute sieht man im ganzen Land Fallen für Hermeline und Opossums und es gibt kleine Inseln, die als Schutzgebiete „pestfrei“ sind. Neuseeland versucht der Lage Herr zu werden. Biosicherheit ist eines der größten Themen im Land, wobei aktuell aber eher von Biounsicherheit die Rede sein muss, da es schwierig ist eingeführte Arten unter Kontrolle zu bekommen. Ein kleinen Beitrag leisten aber auch die Touristen in ihren Campervans, denn es liegen gefühlt 1 Mio tote Opossums als Roadkill auf der Straße. Denn nun wissen wir ja: das einzige gute Opossum, ist ein totes Opossum.

All das gab es im sensationellen Nationalmuseum Te Papa (Our Place, Anm. d. Red.) zu erfahren. Und natürlich noch viel mehr. Es gab eine gute Einführung in die Maori-Kultur, eine temporäre Ausstellung über Jade als wertvollsten und bedeutendsten Stein der Maori, eine weitere Ausstellung über die pazifischen Wurzeln der neuseeländischen Kultur, viel Info und Anschauliches zu Geologie (mit Erdbebensimulator), Fauna (mit Riesentintenfisch) und Flora. Ein Museum, in dem man gut mal eine Woche verbringen könnte.

Wir hatten aber nur einen Tag, denn am nächsten Morgen sollte es mit der Fähre von Interislander von Wellington nach Picton auf die Südinsel gehen. In der Nacht hatte es uns und Rosarka schon ordentlich durchgeschüttelt, denn die starken Westwinde bliesen immer noch. Und das war kein guter Vorbote für die anstehende Fährüberfahrt. Die See war zwar verhältnismäßig ruhig aber draußen war es so diesig und regnerisch, dass man von einer der angeblich schönsten Fährverbindungen nicht viel mitbekam.

In Picton war nicht viel los, da mochte man nicht mal tot über den Zaun hängen und daher ging es direkt weiter Richtung Marlborough Sound. Der Wetterbericht hatte einen guten Tag für die nächste Zeit gemeldet und daher haben wir den Tag genutzt und schön die ganzen Buchten abgeklappert. Wir sind einen kurzen Teil auf dem Queen Charlotte Walkway gewandert, um die Aussicht auch von ganz oben mit 720° Panorama (man dreht sich mindestens 2x um die eigene Achse, Anm. d. Red.) zu genießen.

Und für die schönen Buchten ist auch der kleinste Nationalpark Neuseelands, der Abel Tasman, berühmt. Allerdings fetzt das nur so richtig, wenn das Wetter auch stimmt und die Sonne scheint. Tat sie aber nicht und wir wollten auch nicht so lange in der Region warten, bis sich mal ein Sonnenstrahl durch die dichte Wolkendecke traut. Aber wir waren schon mal in der Gegend und daher sind wir zuerst mit einem Bootszubringer, dem Abel Tasman Sea Shuttle, von Kaiteriteri nach Tonga Bay gefahren und dann die 13,6 Km bis Torrent Bay durch schönen Wald entlang der Küste gelaufen. Nett.

Wir hatten keinen so guten Start auf der Südinsel, was das Wetter angeht. Aber nun sollte es als nächstes an die Westküste gehen, die mit reichlich Niederschlag gesegnet sein soll. Sehr vielversprechend.