Feuerland.

18 02 2009

Ort: Ushuaia (ARG)
Zeitunterschied: MEZ -4 Std.
Wetter: wolkig mit teilweise Regen, 13 Grad Celsius

Als in den 1870er Jahren die ersten europäischen Kolonialisten in den Süden des Kontinents kamen, sahen sie die großen Feuer der einheimischen Ethnien der Yámana und Selk’nam und tauften das in etwa dreieckige Stück Erde Feuerland. Heute sind die ehemals etwa 12.000 Ureinwohner durch systematischen Genozid und eingeschleppte Krankheiten praktisch ausgestorben. Ein weiteres Kapitel erfolgreicher Expansionsbestrebungen der alten Welt. Der Name Patagonien leitet sich vom Mythos der Patagons ab. Angeblich waren sie eine Rasse von gigantischer Größe, eine mögliche Namensherkunft könnte sich vom spanischen Patagón ableiten, was so viel heißt wie Großfüßer, da die Europäer von den großen Fußabdrücken der Eingeborenen beeindruckt waren.

Ushuaia, „Die zum Sonnenuntergang hin gewandte Bucht“, ist heutzutage mit ca. 60.000 Einwohnern die größte Stadt in Feuerland und für 3 Nächte unser Zuhause. Wir sind bei Alejandro und Frances im Galeazzi & Basily untergekommen. Und wenn sich das wie bei Familie oder Freunden anhört, dann ist das auch in etwa so. Unser Zimmer muss früher mal ein Kinderzimmer gewesen sein, wir haben im großen Esszimmer gespeist und teilten uns die Küche. Ein wenig wie bei Muddern. Hannah und Christian, zwei Bald-Freiburger, waren unsere Zimmernachbarn.

Doch das Kapitel Feuerland begann 3 Uhr morgens in BsAs. Die Hauptstadt verabschiedete uns mit 27 Grad in der Nacht und argentinischer Behäbigkeit am internationalen Flughafen. Nachdem die gefühlt 5 Km lange Schlange am Check-in nicht kürzer wurde und unser Abflugtermin immer näher rückte, sahen die Flughafenangestellten auf Nachfrage vorerst keinen Grund in Panik auszubrechen. Das änderte sich schnell. Also zumindest kurz. Ein extra Check-in Schalter wurde aufgemacht und wir konnte uns in die abermals ewig lange Wartereihe an der Security-Schleuse einreihen, wo wiederum kein Sicherheitspersonal in Sichtweite war. Viel Freude bereiteten dann die lokalen Sicherheitsstandards, als dann bei jedem Passagier, der durch die Schleuse ging, der Alarm losging und der zuständige Beamte mit Bauchgefühl entschied, wen er kurz nach Feuerwaffen und ähnlichem kontrollieren könnte. Nie waren die Chancen besser, 5 Kg TNT oder eine große Koksladung unbemerkt ins Flugzeug zu schmuggeln. Die 3.000 Km waren in 3,5 Stunden bewältigt und so sahen wir uns nun kaum 2.000 Km von der Antarktis entfernt.

Die Temperaturen sind im patagonischen Sommer mit tagsüber 13 Grad aber noch überschaubar, der Wind hält sich jenseits der Andenkette in Grenzen und die Umgebung ist schwer beeindruckend. Die Ausläufer der Anden flankieren den Stadtrand im Norden, der Beagle Kanal im Süden und das dünn besiedelte Eiland bietet viel Natur. Die argentinische Skinationalmannschaft fährt hier regelmäßig ins Trainingslager, da es auf geringer Höhe schneebedeckte Höhen gibt, die im Winter top Pulverschnee versprechen. Wir konnten die erste Trekkingtour durch den Nationalpark „Tierra del Fuego“ erfolgreich absolvieren und wilde, exotische Tiere wie Enten und Hasen beobachten. So sieht also das Ende der Welt aus.

Argentinien ist etwa eintausend Mal so groß wie das Saarland, wobei das Saarland ja immer als Vergleich herhalten muss, wenn in Australien mal wieder der Busch brennt oder im Amazonas Regenwald abgeholzt wurde, hat aber nur 37 Mio Einwohner. Hätte Argentinien die gleiche Einwohnerdichte wie das Saarland, würden über eine Milliarde Menschen in der Pampa wohnen. Tun sie aber nicht. Und daher gibt es viel unbesiedeltes Land und viele Estancias. Eine Estancia ist eine Farm, die auf Vieh- und Weidewirtschaft spezialisiert ist und heute ein wichtiger Teil der argentinischen Identität ist. Und Harberton war die erste Estancia auf Feuerland. Mit Hannah und Christian ging es also im gemieteten Chevrolet Corsa 85 Km nach Osten, wobei 45 Km über unbefestigte Straße und durch das wilde, ursprüngliche Feuerland führten. Dichte, grüne Wälder mit ungewöhnlichen Baumfriedhöfen, wo die Bäume aufgrund des Klimas 400 Jahre zum verrotten brauchen oder auch windschief gewachsenen Fahnenbäume, halbwilde Pferde und rauhe Küste. Bilder wie man sie von Postkarten aus Kanada oder Neuseeland kennt.

Das Bild änderte sich, als es nach 3 Tagen am Arsch der Welt, gen Norden via Rio Grande auf einer 12-stündigen Busfahrt nach Punta Arenas auf chilenischem Territorium gehen sollte. Goldgelbe Pampa, die patagonischen Grassteppe, Wolken wie Zuckerwatte auf bilderbuchblauem Himmel, frisch geschorene Schafe, hier und da ein Guanako, Nandus. Und ein erster Vorgeschmack, wer demnächst unser ständiger Begleiter sein wird. Wind.


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2 responses

21 02 2009
uwe storch

Liebe Leute,
per Zufall an Eure Story gekommen, freue mich jetzt jedesmal, wenn neue Post von Euch kommt, tolle Bilder das macht richtig Spass, zuzusehen, wie Ihr den Traum lebt…..

22 02 2009
katrin kleine

Nix hier mit Feuerland, ich ziehe nach Feuerbach und beobachte schwäbische Ureinwohner 😉 Habe inzwischen glücklicherweise ein WG-Zimmer gefunden. Fühlt Euch gedrückt… Küsschen, Katrin

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