So. Der Drops ist gelutscht. Wir sind wieder zuhause. Seit dem 1. Februar schon. Mittlerweile ist April, 12 Wochen sind ins Land gegangen. Wir sind wirklich wieder zuhause. Nach exakt 365 Tagen. Projekt365 eben.
Voller Vorfreude schauten wir Ende Januar noch in Singapur auf den Wetterbericht für Düsseldorf. Es waren Temperaturen um die 0 °C und genau 0,0 Sonnenstunden vorhergesagt. Ach, na schön. Und wir wurden nicht enttäuscht. Menschen in dicke Kleider gehüllt, Mütze, Handschuhe, Schal. Die dominierenden Farben waren schwarz und grau. Irgendwie passend zum Seelenheil. Ernüchterung. Realität. Es gab wieder Ordnung, gewohnte Orientierung. Erste Anzeichen vom nur zu gut bekanntem Alltag. Es gab rote Ampeln, Menschen, die deutsch sprachen, privates Qualitätsfernsehen, Körnerbrötchen und Fußgängerzonen mit peruanischen Panflötenspielern. Und die ersten Tage war uns diese Welt vielleicht auch ein bißchen fremd wie eben unseren Freunden von der peruanischen Hochebene, nur machten wir nicht die Musik.
Nach 365 Tagen um die Welt, immer dem Sommer hinterher und die Sonne im Rücken, hatte uns Deutschland also wieder.
Nun war es ja nicht so, dass es nicht vorhersehbar war, dass es irgendwann mal vorbei sein würde. Aber jeder weiß auch wie schwer es ist, nach 3 Wochen Jahresurlaub wieder den Wecker klingeln zu hören, der Person im Spiegel nicht die Frage „Warum eigentlich?“ beantworten zu können, um dann doch schnell wieder im Hamsterrad des Alltags zu landen, damit alles wieder seinen gewohnten Gang geht. Was bleibt sind die Erinnerungen, der billige Zierfächer aus Thailand, der jetzt in der Küche hängt und irgendwie doch nicht mit der IKEA-Küche harmoniert und die unzähligen Photos von immer gleich aussehenden Sonnenuntergängen, auf denen das Meer abzufließen scheint.
Doch jetzt stellt euch mal 3 Wochen Jahresurlaub 24x hintereinander vor. Da kommt man nicht einfach wieder und alles ist wie immer. In nur 3 Wochen kann man den Job nicht aus dem Kopf bekommen. In 365 Tagen kann man sich aber einen Resetschalter leisten. Alles hinter sich zurücklassen und voll mit dem Flow des Langzeitreisenden zu gehen.
Dann kommt man auch nicht einfach zurück und alles ist gut oder einfach wie vorher. Natürlich haben sich Familie und Freunde gefreut, dass wir gesund und munter (na zumindestens gesund, Anm. d. Red.) wieder zurück sind. Aber hat uns denn mal jemand gefragt, ob wir uns freuen wieder da zu sein?
Fragen an uns gab es so einige:
Frage: „Na, war’s denn toll?“
Antwort: „Nein, es war eigentlich ganz langweilig, sehr gefährlich, manchmal wie Kerkerhaft und sehr entbehrlich, so ganz ohne Mettbrötchen und Online-Shopping.“
Frage: „Wo war’s denn am schönsten?“
Antwort: „Im weiteren Sinne außerhalb Deutschlands, im engeren hat uns Südamerika am besten gefallen. Einfach sehr vielfältig, es gibt ne Menge zu entdecken, die Eingeborenen, das Essen, die Farben. Australien war für uns die größte Enttäuschung. Bei tollen Reisereportagen wie Voxtours werden ja immer nur die Filetstücke gezeigt, es gibt aber auch eine Menge knorpeligen Abfall. Man kann ohne Probleme 1000 Km durch den Kontinent fahren und es passiert genau gar nichts. Gleiche Umgebung, gleiche Landschaft, kein Verkehr, keine Änderungen, stinkelangweilig. Warum dreht Vox nicht mal einen opulenten Dreiteiler (vielleicht ja mit Peter Jackson in der Regie, Wunsch d. Red.): „Australien – 1000 Km nichts“, sehen sie heute in der Primetime die ersten 333 Km mit Highlights wie eine kurze Pinkelpause, die Verwechslung eines verdorrten Baumes mit einem Känguruh und einem öden Hörbuch, dass sie direkt im Voxshop erstehen können. Neuseeland war aufgrund der abwechslungsreichen Natur beeindruckend und unsere Zeit mit Rosarka war großartig. Der Abschluß mit Myanmar war so ganz anders und wird noch irgendwann mal im Projektblog aufgearbeitet werden, wenn denn mal die Muse wieder küsst.“
Frage: „Hattet ihr denn nie Heimweh?“
Antwort: „Du meinst nach Schweinegrippe, Abwrackprämie und eine Albtraum-Koalition, die mehr nervt als Yoko Ono? Also nein, naja höchstens ab und zu Heißhunger auf heimatliche Kulinaria! “
Frage: „Freut ihr euch wieder hier zu sein?“
Antwort: „Nein“
Frage: „Und gewöhnt man sich schnell wieder an den Alltag“
Antwort: „Leider muss die Antwort hier „ja“ lauten. Mittlerweile fragt kaum noch einer nach der Reise, wir selbst müssen uns hier und da daran erinnern, dass wir 365 Tage unterwegs waren. Es scheint jetzt schon alles so weit weg zu sein. Soll jetzt nicht pathetisch klingeln, aber ich muss jetzt mal seufzen.“
Seit 12 Wochen sind wir nun also wieder zuhause. Eine gefühlte Ewigkeit. Wenn wir es nicht besser wüssten, würden wir meinen gar nicht weg gewesen zu sein.
Nach der Wiederkehr haben wir erst mal ausgemistet. Klamotten ins Obdachlosencafe und ins Franziskanerkloster gebracht. Erschreckend, was sich alles für Zeug angesammelt hatte. Wenn man 365 Tage aus dem Rucksack lebt, immer die selben Klamotten trägt und doch nichts vermisst, bekommt man doch den Spiegel unserer Überfluß- und Konsumgesellschaft vorgehalten. Am ersten Tag nach unserer Rückkehr hatte ich aus Freude über neue alte Sachen nichts aus dem Rucksack getragen, am nächsten Tag dann wieder komplett eine projekt365-Garnitur. Wohl aus Gewohnheit.
Eine Wohnung haben wir mittlerweile auch gefunden. Was Größeres. Mit kleinem Garten und Terrasse. Mitten in der Stadt gleich an der Nordstraße. Eine schöne Gegend. Eine schöne Wohnung. Wir wollen ja auch bald Couchsurfing-Hosts werden.
Nun beschäftigen uns Fragen wie die nach der Zierblende des Geschirrspülers, wie man bohrlochfrei eine Ablage im Badezimmer anbringt oder ob denn jetzt noch die richtige Zeit ist, um die Brombeere im Garten zu beschneiden („Hältst Du die Brombeeren nicht im Zaume, so kannst Du ernten nur im Traume“, Anm. d. Red.).
Oh eine Frage habe ich noch vergessen. Und zwar die ob wir es wieder machen würden. Wie hier die Antwort lautet, sollte wohl klar sein.
Der Blog und auch das Projekt werden mit den Myanmar-Beiträgen ihr Ende finden. Man sagte uns, dass es sonst sei, als würde man ein Buch ohne die letzten Seiten lesen.
Ob es wohl ein Happy End geben wird?
Achso, den Newsletter braucht ihr nicht abzubestellen, es wird keine Viagra-Mails oder eine Spendenaufforderung mit einer Kontoverbindung in Nigeria geben. Bleibt einfach dabei. Ganz im Stillen. Vielleicht passiert ja irgendwann mal wieder was. Vielleicht wird es wieder ein Projekt geben. So ein halbes Jahr von Mexiko nach Panama. Das wär doch was.
Danke, dass ihr dabei wart.
Nos vemos.
Dina & Matze
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